Was bedeutet Heimat für Sie?
Für jemanden, der an einem Ort geboren und aufgewachsen ist, ist es wahrscheinlich einfach und klar zu definieren, was Heimat ist: das Elternhaus, Familie und Nachbarn, die Schule, die Kneipe, in der man das erste Bier trank, der Sportplatz, auf dem man Siege gefeiert und haushoch verloren hat, die Kirche, in der man an Weihnachten „Stille Nacht“ singt…
Menschen aber, deren Hintergrund ein anderer ist, die ihre vertraute Umgebung verlassen haben, die vertrieben wurden oder flüchten mussten, deren Eltern aus verschiedenen Ländern und Kulturen stammen, die in einem Land aufgewachsen sind, in dem sie sich zwar zu Hause fühlen, dessen Sprache sie sprechen und dessen Lebensweise sie angenommen haben, in dem sie dennoch nie als zugehörig betrachtet werden, oder für Menschen, die aus verschiedensten Gründen oft weitergezogen sind und sich immer wieder ein neues Zuhause aufbauen müssen, beantworten diese Frage vielschichtiger.
Heimat ist viel mehr als ein Land oder ein Ort, es ist auch das, was wir damit verbinden: Menschen, Essen, Gerüche, Geräusche, Sprache, Werte, Traditionen, Gefühle und Erinnerungen… unsere Wurzeln, was uns geprägt hat…
Ein anderer Ort, ein anderes Land kann zur Heimat werden, zur Wahlheimat, zur Zweitheimat, wenn wir uns dort wohlfühlen, Freunde finden, die Nachbarn kennen, wenn wir akzeptiert werden und verstanden – es müssen ja nicht gleich alle sein, die uns akzeptieren und verstehen… Wir können Wurzeln schlagen, neue Erinnerungen sammeln, uns zuhause fühlen, glücklich sein – vielleicht sogar mehr als in der ersten Heimat.
Und gleichzeitig können wir uns sehnen nach dem Ort, wo wir aufgewachsen sind, auch wenn er uns vielleicht zu eng geworden ist. Heimweh ist ja nicht unbedingt die Sehnsucht nach einem Ort, sondern nach dem Gefühl „hier gehöre ich hin, hier bin ich geborgen, hier ist mir alles vertraut“. Und wenn diese Sehnsucht hilft, danach zu suchen, was wir brauchen, um anzukommen, wo wir sind, um anzukommen bei uns selbst, dann hat Heimweh auch etwas Positives.
Vielleicht hilft es dabei, die „Rosenheim-Cops“ zu schauen oder eine andere Fernsehsendung im Heimatdialekt, im Winter auf den Doi Inthanon zu fahren und herrlich kalten Wind im Gesicht zu spüren, Apfelkuchen oder Kartoffelpuffer zu backen, Weihnachten ganz traditionell zu feiern…
Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich zu Hause fühlen, wo auch immer auf der Welt sie gerade sind und dass Sie ankommen bei sich selbst!
Beate Czabaun
Ich bedanke mich ganz herzlich bei den Schüler:innen des Religionsunterrichts 2021/22 und den „Weltfrauen“, die mir so offen und berührend beschrieben haben, was für sie Heimat bedeutet und deren Gedanken in diesen Newsletter eingeflossen sind.